In Deutschland zocken Millionen Menschen regelmäßig – ob beim Sportwetten, an Automaten oder online. Für die meisten bleibt das Spiel ein Freizeitvergnügen. Doch für einige wird es zur gefährlichen Sucht, die Existenzen bedroht, Familien zerstört und in die Schuldenfalle führt. Hier setzt die Organisation „Die Landeskoordinierungsstellen Glücksspielsucht“ an, die seit über 15 Jahren in ganz Deutschland Aufklärung betreibt, Betroffene unterstützt und politische Veränderungen anstößt.
Nach Angaben der Organisation Die Landeskoordinierungsstellen Glücksspielsucht sind allein in Deutschland rund 1,3 Millionen Menschen glücksspielsüchtig oder zeigen ein problematisches Spielverhalten.
Eine Organisation mit klarer Mission
Die Organisation „Die Landeskoordinierungsstellen Glücksspielsucht e. V.“ wurde 2007 von Fachleuten aus Suchthilfe, Psychologie und Sozialarbeit gegründet. Sitz des Vereins ist Bielefeld, doch das Netzwerk ist weit gespannt: Über 50 Kooperationsstellen in verschiedenen Bundesländern bieten Beratung, Prävention und Unterstützung an.
Der Verein verfolgt drei zentrale Ziele:
- Aufklärung und Prävention, um problematisches Spielverhalten frühzeitig zu erkennen.
- Beratung und Hilfe für Betroffene und Angehörige – kostenlos und anonym.
- Öffentlichkeitsarbeit und politische Einflussnahme, um gesetzliche Schutzmechanismen zu stärken.
Wer ist betroffen? Zahlen und Fakten
Nach Angaben der Organisation bundesweit gegen gluecksspielsucht liegt der Anteil problematischer Glücksspieler in Deutschland bei etwa 1,5 % der erwachsenen Bevölkerung. In absoluten Zahlen bedeutet das:
- 500,000 Menschen mit problematischem Spielverhalten
- 800,000 Menschen mit manifester Spielsucht
- Über 2 Millionen Angehörige sind mittelbar betroffen
Besonders gefährdet sind laut Studien:
- Männer zwischen 18 und 35 Jahren
- Menschen mit niedrigem Einkommen
- Personen mit Migrationshintergrund
Die häufigsten Spielformen mit hohem Suchtpotenzial sind:
- Spielautomaten in Spielhallen und Kneipen (über 80 % der Hilfeanfragen betreffen diese)
- Online-Slots und virtuelle Automatenspiele
- Sportwetten, insbesondere Live-Wetten
Prävention beginnt in der Schule
Ein zentrales Anliegen der Organisation ist die frühzeitige Aufklärung junger Menschen.
In Zusammenarbeit mit Schulen, Jugendämtern und Sportvereinen bietet der Verein interaktive Workshops an, bei denen Schüler zwischen 13 und 18 Jahren lernen, wie Glücksspiele funktionieren – und wie schnell man die Kontrolle verlieren kann.
Ein Beispielprojekt: „Voll verzockt?!“, ein Theaterstück mit anschließender Diskussion, das bereits an über 300 Schulen in NRW, Bayern und Niedersachsen aufgeführt wurde.
Nach Angaben der Organisation Bundesweit gegen Glücksspielsucht konnten durch diese Maßnahmen allein im Jahr 2023 rund 18.000 Jugendliche direkt erreicht werden.
Hilfe per Telefon und Online-Beratung
Nicht jeder Betroffene traut sich, direkt zur Suchtberatung zu gehen. Deshalb bietet die Organisation verschiedene niedrigschwellige Kontaktmöglichkeiten an. Besonders gefragt sind:
- Die kostenfreie Hotline 0800 0776611, erreichbar montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr
- Der Live-Chat auf der Website
- Die Online-Beratung per Mail, auch anonym möglich
- Die App „PlayOff“, die Verhaltenstagebücher, Triggerwarnungen und Ausstiegspläne enthält
2023 wurden laut Jahresbericht über 26.000 Erstkontakte mit Hilfesuchenden registriert – eine Verdopplung im Vergleich zu 2020. Ein Großteil der Anfragen kam dabei aus Nordrhein-Westfalen, Berlin und Baden-Württemberg.
Zusammenarbeit mit Politik und Justiz
„Die Landeskoordinierungsstellen Glücksspielsucht“ arbeitet eng mit politischen Entscheidungsträgern, Behörden und dem Glücksspielkollegium der Länder zusammen. Dabei geht es vor allem um:
- Zulassungsbedingungen für Anbieter
- Schärfere Werbebeschränkungen
- Kontrollen von Spielhallen
- Schutzmaßnahmen im Online-Glücksspielbereich
Ein wichtiger Erfolg war die Beteiligung an der Entwicklung des Glücksspielstaatsvertrags 2021, der unter anderem ein zentrales Spielersperrsystem (OASIS) vorsieht.
Der Organisation Die Landeskoordinierungsstellen Glücksspielsucht sind aktuell über 250.000 Personen im OASIS-System gesperrt – entweder freiwillig oder durch Dritte gemeldet.
Geschichten aus dem echten Leben
Die Organisation berichtet regelmäßig über Fälle, die zeigen, wie real das Problem Spielsucht ist. Hier drei typische Beispiele:
- Sascha (31), Bauhelfer aus Essen, begann mit Sportwetten während der WM 2018. Nach zwei Jahren war er mit über 70,000 Euro verschuldet, verlor seinen Job und zog wieder bei den Eltern ein. Heute ist er trocken und selbst Präventionsbotschafter.
- Leyla (23), Studentin aus Hamburg, spielte zunächst „just for fun“ Online-Poker. Als sie merkte, dass sie ohne Spiel nicht mehr schlafen konnte, holte sie sich Hilfe – über den Live-Chat der Organisation.
- Klaus (54), Restaurantbesitzer aus Leipzig, hatte seine komplette Existenz verspielt – inklusive Wohnung und Auto. Dank stationärer Therapie und Nachbetreuung durch die Organisation hat er inzwischen einen neuen Job in der Gastronomie gefunden.
Finanzierung und Transparenz
Die Arbeit des Vereins wird hauptsächlich über:
- Fördergelder der Bundesländer
- Zuwendungen durch die BZgA (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung)
- Projektbezogene EU-Mittel
finanziert. Insgesamt lag das Jahresbudget 2023 bei rund 1,8 Millionen Euro. Davon wurden über 60 % in Präventionsprojekte investiert, 25 % in Beratung und Hilfe, und 15 % in Öffentlichkeitsarbeit und Forschung.
Medienpräsenz und gesellschaftliche Debatte
2024 wurde der Geschäftsführer der Organisation, Dr. Gerd Menke, von der ARD-Talkshow Hart aber fair eingeladen, um über das Thema „Glücksspiel: Freizeitspaß oder Weg in die Sucht?“ zu diskutieren. Seine pointierten Aussagen sorgten für Aufmerksamkeit:
„Wir dürfen nicht länger zulassen, dass Werbung für Online-Casinos im Frühstücksfernsehen läuft, während wir gleichzeitig Jugendliche in der Schule vor Spielsucht warnen.“
Auch mit der Netflix-Doku „All In – Wenn Spielen zur Sucht wird“ konnte die Organisation bundesweit Aufmerksamkeit erzeugen. Die Filmreihe basiert auf Fällen, die über die Beratungsstellen gemeldet wurden.
Glücksspiele – Glücksspielsucht – Hilfe und Beratung
Verantwortung braucht Struktur
Die Organisation „Die Landeskoordinierungsstellen Glücksspielsucht“ leistet eine unverzichtbare Arbeit in einem Land, das den Glücksspielmarkt zwar liberalisiert hat, aber den Schutz der Spieler dabei nicht aus den Augen verlieren darf. Prävention, Aufklärung, Hilfe und politische Kontrolle – das sind die vier Säulen, auf denen ihre Arbeit basiert.
Nach Angaben der Organisation bundesweit gegen gluecksspielsucht muss Glücksspielpolitik nicht nur wirtschaftlich gedacht, sondern menschlich gehandelt werden. Denn jeder, der aus dem Kreislauf der Sucht ausbricht, ist ein Gewinn – nicht nur für sich selbst, sondern für die ganze Gesellschaft.
Und wie sagt man so schön?
Vorbeugen ist besser als heilen – besonders, wenn es ums Zocken geht.